Joachim Schulte

Wittgenstein und Waismann über Sprachspiel und Sprache

 

Es gibt eine Reihe von Aufzeichnungen Waismanns, in denen Wittgensteins Begriff des Sprachspiels eine zentrale Rolle spielt. Da Waismann nur während eines Zeitraums von wenigen Jahren Einblick in Wittgensteins Manuskripte hatte, ist damit zu rechnen, dass dieser Begriff bei Waismann andere Umrisse erhält als etwa in den Philosophischen Untersuchungen. Daher stellt sich als Erstes die Frage: "Inwieweit spiegelt der Sprachspielbegriff in Waismanns Aufzeichnungen und Darstellungen die besonders einschlägigen Ausführungen in Wittgensteins eigenen Schriften?" Andererseits sollte man nicht vergessen, dass Waismanns Interesse an Wittgensteins Gedanken der 1930er Jahre ursprünglich durch die Auseinandersetzung mit Wittgensteins Frühwerk — dem Tractatus Logico-Philosophicus — geweckt wurde. Daher möchte ich als Zweites die Frage erörtern, ob und inwieweit die von Waismann wiedergegebenen Gedanken zum Sprachspielbegriff Aufschluss geben können über eine allmähliche Entfernung Wittgensteins von den Überlegungen seines Frühwerks.

 

Joachim Schulte lehrte bis 2016 Philosophie an der Universität Zürich. Bis 2004 war er einer der Verwalter von Wittgensteins Nachlass; seit 2004 ist er Member of the Board of Editors of Wittgenstein's Nachlass. Autor von vier Büchern und zahlreichen Artikeln über Wittgenstein sowie Mitherausgeber der kritischen Ausgaben von Wittgensteins Hauptwerken. Er ist Ehrenmitglied der Internationalen Wittgenstein Gesellschaft. Im Auftrag der Bodleian Library (Oxford) ordnete er den Nachlass Waismanns und veröffentlichte 1979 den Katalog von Waismanns nachgelassenen Schriften.